Chronische Rückenschmerzen
Neben den Kopfschmerzen sind die Rückenschmerzen der häufigste Grund dafür, dass Patienten zu uns kommen. Mehr als 80% der Bevölkerung leiden mindesten einmal im Leben an Rückenschmerzen. Die Anzahl von Menschen, die zu einem bestimmten Zeitpunkt Rückenschmerzen haben, beträgt ca. 20%. Männer und Frauen sind gleich häufig betroffen. Der Beginn der Beschwerden liegt zumeist im jüngeren bis mittleren Lebensalter. Meist ist die Lendenwirbelsäule betroffen, weniger häufig die Halswirbelsäule.
Ganz selten ist die Brustwirbelsäule Grund für chronische Rückenschmerzen. Umso länger der Rückenschmerz besteht, umso öfter leiden die Patienten unter Beschwerden in mehreren Wirbelsäulenhöhen. Meistens ist der Rückenschmerz kein größeres Problem. Nur einer von zehn Patienten geht überhaupt zum Arzt und von denen, die zum Arzt gehen, sind mehr als die Hälfte nach einer Woche wieder arbeitsfähig. Diejenigen, die wegen ihrer Rückenschmerzen länger als sechs Monate krankgeschrieben wurden, kehren selten zu ihrer Arbeit zurück.
Faktoren
In verschiedenen Studien zeigte sich, dass besonders bei nachfolgenden Bedingungen die Gefahr besteht, dass der Rückenschmerz zum Problem wird.
Arbeitssituation:
- schwere körperliche Arbeit in rückenbelastender Haltung (z.B. am Weinberg)
- langes Sitzen
- Vibrationsstress (Waldarbeiter)
- monotone, langweilige Arbeit
- Unzufriedenheit mit der Arbeit, Ärger mit Kollegen und dem Chef
- wenig anspruchsvolle Arbeit
Persönliches Verhalten:
- schlechte Kondition
- für den eigenen Körper zu schwere Arbeit
- starkes Rauchen
- passive Lebenseinstellung
Medizinisches System:
- mangelnde Information des Patienten
- zu lange Schonung
- passive Therapie oder zu viel Therapie
- zu lange Krankschreibung, zu frühe Berentung
Unterschiedliche Rückenschmerzarten
Die Diagnose der Rückenschmerzen gestaltet sich häufig schwierig. In Frage kommen sehr viele Erkrankungen.
Man unterscheidet:
- Mechanische Rückenschmerzen:
- Muskulär/ligamentär, Zwischenwirbelgelenke, ISG
- Wurzelreiz- und Kompressionssyndrome: Bandscheibenvorfall, Spinalkanalstenose, Wirbelgleiten, postoperativ
- Metabolische Knochenerkrankungen, z. B. Osteoporose
- Entzündliche Erkrankungen: Rheumatische Erkrankungen (Morbus Bechterew, Psoriasisarthritis, Morbus Reiter), bakterielle Infektion
- Krebs
Diagnose
Wir unterscheiden den akuten Rückenschmerz vom chronischen Rückenschmerz. Wenn ein Patient mit plötzlich aufgetretenen Rückenschmerzen zu uns kommt, wird erst einmal nach dem Auslöser und der Art der Symptome gefragt werden. Wir registrieren die Haltung des Patienten, lassen ihn auf- und abgehen. Dann ermitteln wir, ob die Schmerzen durch bestimmte Bewegungen ausgelöst werden kann. Es wird untersucht, ob am Bein Nerven ausgefallen sind oder Nervenschmerzen bestehen. In den meisten Fällen kann der Patienten nach einer ambulanten Therapie wieder nach Hause gehen.
Eine weiterführende Röntgen- bzw. MRT-Diagnostik führen wir bei folgenden Fällen durch:
- Lähmungen,
- Blasenstörungen und
- Reithosenanästhesie (Taubheitsgefühl an den Innenseiten der Oberschenkel)
- und wenn der Rückenschmerz nach 3 Wochen Behandlung keine Besserung zeigt
Therapie
Bei der Behandlung unterscheiden wir radikuläre- von nichtradikulären Schmerzen
Radikulärer Rückenschmerz
- Schmerz mehr im Bein
- Gefühlsstörungen
- Nervendehnungsschmerz
Sollte nach 3 Wochen immer noch kein Fortschritt erzielt worden sein, hat der Patient einen chronischen Rückenschmerz. Jetzt ist eine weiterführende Diagnostik notwendig: Röntgen, CT, MRT, ENG, EMG, Szintigraphie...
Nichtradikulärer Rückenschmerz
- Schmerzen mehr im Rücken als im Bein
- keine Gefühlsstörungen
- und keine Lähmungen
Therapie beim nichtradikulären Rückenschmerz
- Bettruhe bis 2 Tage
- Wärme/Kälte
- Rückenschule
- Chirotherapie, Massage, Krankengymnastik
- Medikamente
Behandlungsablauf
Wir geben dem Patienten beim ersten Kontakt häufig ein Schmerzmittel, um ihm den dauernden Schmerzstress zu nehmen. Dann gehen wir mit ihm die bisher gemachten Untersuchungen durch und erklären Ihm den wahrscheinlichsten Ursprung der Schmerzen. Wir geben ihm ein Schmerztagebuch mit nach Hause, das er über zwei Wochen führt. Am Ende der zwei Wochen können wir abschätzen, in welchen Situationen der Rückenschmerz auftritt. Das ist wichtig zur Arbeitsplatzgestaltung. Spätestens jetzt vermitteln wir häufig ein Fitnessstudio oder eine andere geeignete Sportart mit Schwerpunkt Ausdauertraining. Teilweise kommt TENS und Akupunktur zur Anwendung. Manchmal ist eine psychotherapeutische Mitbehandlung notwendig.
Operation
Die häufigste Frage, die wir von chronischen Rückenschmerzpatienten gestellt bekommen, ist, ob eine Operation durchgeführt werden kann.
Für eine Operation sprechen:
- ein fassbarer Befund in der bildgebenden Diagnostik (Röntgen, CT, Kernspin), z. B. ein Bandscheibenvorfall
- nicht mit anderen Methoden zu beherrschende Rückenschmerzen
Bevor ein chronischer Rückenschmerz operiert wird, kommen noch einige andere Maßnahmen in Betracht. Zu diesen zählen die rückenmarksnahen Verfahren:
- die peridurale Kortisoninjektion
- CT-gesteuerte Punktionsverfahren: Eine kleine Menge Kortison wird unter genauer Kontrolle der Nadellage im CT in den Bereich der kleinen Wirbelgelenke gebracht wird
Auch wenn es selten gelingt, einen chronischen Rückenschmerz vollständig zum Verschwinden zu bringen, sind mit diesen Behandlungen überraschend gute Ergebnisse möglich.